Ein paar Fragen, der Herr?

Mann, bist du bereit, Friede mit dir zu schließen? Hast du den Mut, deine Größe, Schönheit und Kraft anzuerkennen? Dein Leben in die Hand zu nehmen und deine Talente und Quellen der Kraft zu entdecken und zu nutzen?

Hast du den Mut, dein Herz zu öffnen und so die alten Wunden zu heilen? Bist du Mann genug, wirklich Friede mit den Frauen zu schließen und aufrichtige, respektvolle Beziehungen zu kreieren? Bist du dir selber treu genug, deinen eigenen Weg von Spiritualität zu entdecken und im Alltag zu leben, unbeirrt von Meinungen, die dir begegnen?

Bist du gerüstet und willens, als Krieger des Herzens den Kampf mit  deinem Niederen-Selbst aufzunehmen, über deinen Schatten zu springen und deine Ängste zu bezwingen? Bringst du genügend Willen auf, dein Wissen in Taten umzusetzen, dem Opfer-Sein ein Ende zu bereiten und Teil der Lösung zu sein? Willst du Konkurrenz, vor allem unter Männern, erkennen und sie in Kooperation verwandeln?

Männer unter Druck

Männer stehen unter einem hohen Druck, richtig zu sein, genug Leistung zu erbringen, zu genügen. Wir verstellen uns, machen dicke Arme und hecheln vorgegaukelten Idealen und Idolen hinterher. Oder wir machen uns klein und bedürftig, sind hilflos und abhängig vor allem von der Zuneigung und Liebe der Frauen. Wir sind entweder zu männlich oder zu weiblich, zu laut oder zu leise. Wir werden von Gedanken bestimmt, die vermitteln, dass mit uns etwas nicht in Ordnung sei. Das macht uns seelisch und körperlich krank. Unsere Krankheiten entstehen aus unnatürlichem Verhalten, aus Abgeschnittenheit und Separation. Wir sind nicht mehr mit uns und dem Rest der Welt verbunden.

Räume

Was uns Männern fehlt sind Räume, in denen wir uns in unserer Größe und Kraft genau so wie unsere Schwächen und Verletzungen zeigen können. Räume, in denen es kein „richtig“ oder „falsch“ gibt, in denen jeder einfach „sein“, natürlich sein, kann.

Die Natur bietet uns Raum, diese Natürlichkeit zu (er-) leben: die Nähe zu den Pflanzen und Tieren, das Spüren der Elemente, wofür sich bewusst Zeit genommen wird, um mit ihnen in Verbindung zu gehen.

Verbunden

„Eigentlich“ sind wir mit Allem verbunden: mit allen Menschen, Tieren, Pflanzen, Mineralien, mit dem Universum.
„Eigentlich“ sind wir Teil des Ganzen und das Ganze ist Teil von uns.
„Eigentlich“ ist unsere Verbundenheit ganz natürlich und völlig normal.
„Eigentlich“ ist es ganz einfach – wir haben es nur verlernt.

Bewegung

Seit vielen Jahren geht die Kriegerschule mit den Männern in die Natur, um das Wesen von Verbindung spürbar und erlebbar zu machen. Wir stellen fest, dass Lernen einfach wird, wenn wir tun. Darin liegt der Schlüssel: im Tun, in der Tätigkeit, der Bewegung.

Es geht um Bewegung, sich bewegen, andere bewegen. Bewegung bringt Veränderung hervor und das kann Ängste vor dem Unbekannten erwecken.  Der Schritt ins Unbekannte lässt uns wachsen, dort liegen die verborgenen Schätze.

Verbunden zu sein heißt zu vertrauen: vertrauen in unser Dasein als Kinder dieser Erde, in uns selbst und ins Leben. Es ist gut hier zu sein, es ist gut Mensch zu sein, es ist gut Mann zu sein, in seiner ganzer (Un-)Vollkommenheit.

Was tun wir, um Verbindung zu lernen?

Nehmen wir als Beispiel eines der ältesten Rituale der Selbstreinigung und Selbstheilung: das Schwitzhüttenritual.

Wir benötigen Steine, kristallisierte Erde, Urinformation unseres körperlichen Seins.  Sie werden bei einer Schwitzhütte ins Feuer gegeben. Bevor wir diese Wesen (seit der Anerkennung der Heilkraft von Mineralien ist es mittlerweile gängig, Mineralien als Wesen zu bezeichnen) dafür nehmen, fragen wir sie aus Respekt, ob sie sich  für  unsere Schwitzhütte zur Verfügung stellen. Nicht, dass die Steine anfangen lebhaft mit uns zu diskutieren, ob oder ob nicht. Jeder berührt den Stein und empfindet. Er verbindet sich so mit der Mineralwelt und der Erde.

Holen wir im Wald das Holz für das große Feuer, sagen wir den Waldwesen Bescheid, dass wir Holz holen kommen. Ein unangekündigtes Einmarschieren von einer Horde mit Axt und Motorsäge bewaffneter Männer, würde eine Art Schock in einem ruhigen, friedlichen Wald auslösen, indem auf den Pflanzen herumgetrampelt wird, Tiere verscheucht und ihnen ihnen teilweise die Behausung weggenommen wird. Es ist eine Haltung des Respekts, vorher Bescheid zu sagen oder um Erlaubnis zu fragen. So verbinden wir uns mit der Pflanzenwelt und der Tierwelt.

Bevor wir einen Platz für unsere Rituale nutzen, sagen wir grundsätzlich allen Wesen Bescheid, dass wir nun hier sind und uns für ein paar Tage niederlassen. Viele waren vor uns da und werden nach uns noch da sein. Wir ehren das Geschenk eines Ortes, den wir für eine gewisse Zeit nutzen.

Respekt, den wir den Welten und Elementen entgegenbringen, lehrt uns den Respekt für uns selbst. All diese Handlungen werden als Erinnerung in unserem Körper gespeichert, der Körper trägt, entgegen der Annahme, dass unser Gehirn es tut, diese Erinnerungen.
Erst seit ein paar hundert Jahren entfernten sich die Menschen der westlichen Zivilisation von solchen Handlungen. Die Erinnerung daran sitzt jedoch noch tief in uns und wird durch das Tun in und mit der Natur wieder wachgerufen – wir erinnern uns an Urinformationen …

Elementare Begegnungen

Erde und Wasser werden als die beiden weiblichen Elemente bezeichnet, Luft und Feuer als die männlichen. Die Elemente stehen in Bezug zu unseren menschlichen Aspekten. Das Wasser steht für unsere Emotionen, die Erde für unseren Körper, die Luft für das Mentale und das Feuer für unsere spirituellen Aspekte.

Im Zentrum der Männerarbeit steht das Feuer. Das Feuer in uns ist unsere Begeisterung, unser Wille und Wunsch zu Selbstwachstum, unsere sprühende Lebensfreude, Expansionskraft und der spirituelle Motor. Ein reelles Feuer spiegelt uns die Vielfalt an Aspekten dieser männlichen Kraft. Warm und nährend gibt es uns Geborgenheit, der Blick in die tiefe Glut spiegelt unserer innere, tiefe Wärme. Hell lodernd und nach Expansion strebend zeigt es uns die zerstörerische, vernichtende aber auch transformierende Seite. Verfolgen wir den Funkenflug zum Himmel, verbindet es uns mit dem Oben, dem Universum.

Der Kreis

Wir sitzen im Kreis ums Feuer, wie es wahrscheinlich schon immer war, seit  Menschen Feuer nutzen. Es bildet das Zentrum und einen gemeinsamen Fokus. Alles, was jeder ins Feuer gibt, (spricht) speist den Kreis und erreicht jeden. Es entsteht ein Weisheitskreis der Teilnehmer: Gleiche unter Gleichen, individuell  und einzigartig im Ganzen.
Wenn Männer im Kreis sitzen, entsteht etwas Erstaunliches. Wir bilden zusammen eine weibliche Form, einen Raum, ein Gefäß. In dieser Form entsteht Vertrauen, Nähe und Respekt und wir können uns im Herzen berühren.

Kein Feind ist in Sicht

Kein Konkurrent macht uns den Platz strittig, keine Frau lässt unsere Kämme anschwellen. Wir können uns an der Kraft und Schönheit eines jeden erfreuen, sehen, dass jeder speziell ist und über eine vielzahl an Talenten verfügt. Das Mitgefühl für den Schmerz und die Verletzungen eines jeden findet Raum, denn man erspürt und teilt, was den Erzählenden bewegt.

Wir werden wach und neugierig füreinander, sprechen scheinbar Unaussprechliches aus und trauen uns an alte, schmerzliche Erfahrungen heran. Allein diese Gespräche – ohne „falsch“ oder „richtig“, „gut“ oder „böse“, haben eine derart befreiende Wirkung, dass  Blockaden aufgelöst werden können.

Wenn im Kreise der Männer die Tränen der Trauer fließen, der Zorn, ungerecht behandelt worden zu sein, hochkommt, der Schmerz über eine unglückliche Beziehung zum Vater (oder Mutter) Raum findet, entsteht eine tiefe und herzliche Verbindung untereinander. In solchen Momenten erkennen wir, wonach wir uns sehnen: nach Brüderlichkeit.

Hose runter lassen

„Hose runter lassen“ … kann dieses Synonym im Gesprächskreis verbal geschehen, wird es beim  Feuertanz-Ritual faktisch getan. Um Mitternacht tanzt eine Horde von Männern nackt und mit Erde bemalt, einem Stab in der Hand um ein sehr großes Feuer, weckt Urinstinkte und -kräfte wach. Jedem Mann kommt diese Ritual „sehr alt“, ursprünglich und bekannt vor. Als hätten wir Männer das schon immer „so oder so ähnlich“ getan. Beim Feuertanz endet das Reden: Laute aus der Tiefe unserer Seele sind zu hören. Kraft und Anmut paaren sich mit Spaß und ulkigem Gehabe; Wut und Gewalt wechseln sich im Spiel mit Ehrfurcht, Respekt und Liebe.

Archaische Rituale

Männer brauchen Räume für archaische Rituale. Wir können sie uns – inspiriert von den weisen Lehren alter Völker und Traditionen – selbst  erschaffen und ins Jetzt und Heute integrieren. Viele Männer sehnen sich nach Brüderlichkeit, nach Ehrlichkeit, Herzlichkeit und Vertrauen zu sich und den anderen.
Möge Mut und Güte in die Männerherzen fließen.

Alles ist gut
Jack Rainbowheart Silver

 

 

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