Wie geht das?

Was ist es, was Männer suchen, wenn sie zu den Söhnen der Erde Zusammenkünften kommen?
Was ist es, was die Männer finden?
Welche Art von Erfahrungen bringen die schamanischen Männer-Rituale hervor?
Was ist es, was die ur-tiefe und liebevolle Verbindung zu sich selbst, zu dieser Welt und zu Spirit ermöglicht?

Ein Sohn der Erde ruft

Söhne der Erde, die Welt ruft! So beginnt der Text über die Männerarbeit der Kriegerschule. Aus der Sicht manch eines Mannes könnte es auch heißen: Welt, ein Sohn der Erde ruft! Die Hilfeschreie der Männer (Die Rufe der Frauen werden an dieser Stelle nicht weiter erläutert, auch wenn sie genau so laut in die Welt hinaus schallen) sind nicht unbedingt der Art, dass das Wort Hilfe darin vorkommt oder jeder Suchende auch sagt, dass er auf der Suche ist.

Viele finden in der Sucht zwar keine Antwort, doch wenigstens eine kurzzeitige Verringerung des Schmerzes. Andere stehen zu ihrer Suche und zeigen es deutlich, dass sie nicht so recht wissen, wo sie hingehören. Und auch nicht jeder Mann ist geplagt von Unsicherheit oder leidet unter der Macht von Frauen. So finden sich bei den Männerzusammenkünften alle möglichen Charaktere aus den unterschiedlichsten sozialen Feldern und beruflichen Ausrichtungen zusammen (mit Ausnahme des „RadsKreis der Häuptlinge“ für Männer in Führungspositionen). Alle haben eines gemeinsam: sie möchten sich selbst und ihren Platz in dieser Welt klarer finden und sich weiter entwickeln.

Erst mal in die Schwitzhütte

Für Menschen, welche die Kriegerschule kennen, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir zu Beginn aller Zusammenkünfte gemeinsam in die Schwitzhütte gehen. An dieser Stelle halte ich das Loblied an dieses Ritual ein bisschen kürzer und lade Dich ein, diesen Links zu folgen:

Du bist richtig

Wir beginnen diese Arbeit mit „richtig sein“, was durchaus kein gängiger Zustand ist. Ganz im Gegenteil sind wir viel mehr davon geprägt nicht gut genug zu sein und nicht zu gefallen. Wir versuchen richtig zu sein. Ver – suchen, das sagt ja schon alles: Wer versucht der sucht.

Sich selbst einfach mal richtig zu finden (und das nicht im Sinne von toll oder genial oder gar besser sein), erweist sich immer wieder als gar nicht so leicht. Zumindest sind wir ungeübt darin uns so anzunehmen wie wir sind. Um „richtig“ zu sein muss Mann „falsch“ abschaffen. Das bedeutet, wir hören auf zu werten und zu vergleichen. Im Besonderen beenden wir den von Konkurrenz betonten Vergleich untereinander. Das ist in der wohlwollenden und geführten Atmosphäre im Männercamp deutlich leichter als „draußen“ in der von Wettkampf und Konkurrenz strotzenden kapitalistisch gewinnorientierten Welt. Keiner muss besser sein als der andere und jeder hat die schlichte (nicht leichte) Aufgabe, sich selbst richtig zu finden und einfach nur der zu sein, der er nun mal ist.

Kairos

Wie angespannt Mann die meiste Zeit des Daseins unterwegs ist merkt Mann erst, wenn Entspannung eintritt. Nachdem alle richtig sind, wird die schamanische Zeit eingeführt. Das bedeutet, alles findet zur passenden Zeit statt. Keiner drängelt und keiner bremst. Ein Gott der griechischen Mythologie namens Kairos ist hierfür unser Schutzpatron. Wie während der gesamten Zusammenkunft bemerkt Mann auch diesbezüglich sehr genau, wo er gerade steht, und begegnet sich so in einer entspannten Weise. In wenigen Fällen machen wir Ausnahmen mit Zeitvorgaben, die für das Gelingen mancher Arbeiten wie z.B. der Elementearbeit wichtig sind. Auch braucht es für die meisten einen Wecker, wenn es heißt: Sonnenaufgangs-Schwitzhütte, Start um 03:00 Uhr.

Männerherzen singen

Immer wieder sitzen wir um ein prasselndes Feuer im Kreis. Viele Männer haben eine Trommel oder Rassel. Wir singen zusammen für die Elemente, wir singen den Geist des Feuers an, wir locken die Tiere herbei, wir rufen die Träume wach, wir singen für die Liebe, wir besingen Odin und singen das Halleluja von Taizé, …
Die Herzen öffnen sich mit jedem Mantra und die Neueinsteiger lernen diese einfachen Lieder sehr schnell. Die Trommeln lassen die Erde schwingen, der Männergesang tönt in die umliegenden Wälder und Täler und die Geister tanzen dazu. Die Kraft und Liebe der Männerherzen berührt tief und heilt mit jedem Ton.

Ein elementarer Tag

Schlichte und unkomplizierte Rituale bilden die Grundlage der heilsamen Erfahrungen schamanischer Art. Elementearbeit bedeutet konkret in Kontakt mit den Elementen zu gehen. Die Männer bekommen für das Wasser, die Erde und die Luft jeweils zwei Stunden Zeit. Aufgabe ist es, einfach in Kontakt mit dem Element zu sein, zu lauschen, zu spüren und die Botschaften zu empfangen. Es ist wirklich kaum zu glauben, wie tiefgreifend und ereignisreich diese Art der Elementearbeit ist. Die Männer kommen nach jedem Element sehr angetan und erfüllt zurück. Es zeigt sich deutlich, welches der Elemente einen leichten Zugang findet und wo es schwerer ist.

Wurde in den Rederunden zuvor schon echt und herzvoll geteilt, sind die Gespräche nach den elementaren Begegnungen von solch einer Wahrhaftigkeit, Erkenntnis und Tiefe geprägt, dass kein Komma zu viel und kein Wort zu wenig gesprochen wird. Mit tief empfundener Dankbarkeit für die Elemente, welche ja unser Leben erst ermöglichen, ist die Grundlage für das vierte Element, das Feuer, geschaffen.

Selbstaktualisierung

Am späten Abend ist der Tanzplatz für das Feuer bereitet. Die Männer haben das Holz dafür selbst im Wald geholt und kennen jeden Ast, der verbrannt wird. Mit tiefer Inbrunst werden Gebete gesprochen und der Raum vorbereitet. Zuerst begegnet jeder diesem Element mit verbundenen Augen und ist so nicht sehender Zeuge, wie die Flammen immer größer werden und die Hitze steigt. Wieder und wieder werden Gebete gesprochen und mit der Gabe vom Zweigen und Ästen bekräftigt. Kairos verrät uns den Zeitpunkt, wann die Kleidung und die Augenbinde fallen und Mann nackt am Feuer steht. Die Elemente Wasser und Erde vermischen sich zu Schlamm, der in Form von uralten Symbolen auf die bebenden Körper aufgetragen wird. Nun greifen die Männer zu ihrem Kraftstab und beginnen sich zu bewegen. Urlaute aus der Tiefe des Mann-Seins schallen durch die Nacht. Mann verbindet sich mit dem immer größer werdenden Feuer und tritt noch intensiver in Verbindung. Der Kontakt zum Feuer verstärkt den Kontakt nach innen und bringt jeden Mann aus der Gruppe noch mehr in eine lupenreine Wahrnehmung von sich selbst. Das ist eine Form von Sebstaktualisierung, die kein Ausweichen zulässt.

Individuell in der Gemeinschaft

Ein weiteres sehr erstaunliches Phänomen des Feuertanzes ist es, dass zwar eine Gruppe zusammen am Feuer tanzt, die Erfahrungen jedoch sehr individuell sind. Jeder Mann hat vor allem mit sich, dem Feuer und den befeuerten Emotionen zu tun. Jeder Mann tanzt seinen ureigenen Tanz in der Gemeinschaft der Brüder. Jeder Mann geht durch seinen eigenen Prozess, unbeeindruckt von den Handlungen und Äußerungen der anderen Tänzer. Keiner springt auf einen Zug auf, der nicht sein eigener wäre. Die intensiven Vorarbeiten des richtig Seins, der Entspannung und des Wegfalls von Konkurrenz ermöglichen diese vollkommen freie und persönliche Erfahrung.

Gibt es Männer-Spiritualität?

Nach diesen Erfahrungen sind wir uns einig: Es gibt männliche Spiritualität. Nicht die Form macht den Unterschied zur weiblichen Spiritualität. Auch Frauen machen elementare Rituale und Feuertänze. Gerade der Feuertanz ist auch bei den Frauen ein sehr männliches Ritual. Feuer ist männlich! Es ist, weil wir unter Männern sind und keiner zeigen muss, was für ein toller Mann er ist und wir in den tiefen Momenten der Verbindung Sex mit den Elementen, der Natur und mit Spirit haben. Tiefe Sehnsüchte, die Mann zuvor nicht mit Worten hätte ausdrücken können, werden erfüllt.

Die vier Elemente tanzen nach drei Tagen, die uns wie zwei Wochen erscheinen, kraftvoll und präsent in uns. Heilung bedeutet Balance und der Akt von Balance ist es auch, den wir begehen und wofür  schamanische Rituale dienen.

Matschige Füße – Brandblasen – Männerschweiß – Schlamm – Wind im Haar …

Sind solch elementare Erfahrungen auch „Indoor“ zu machen? Meine Antwort ist eindeutig: Nein, das sind sie nicht. Natürlich sind die Elemente in allem enthalten und manch einer wird den Standpunkt vertreten, dass auch durch Meditation und andere Techniken eine kraftvolle Erfahrung gemacht werden kann. Doch eines wird kein Mann und Keine Frau, die es erlebt haben, bestreiten können: Männer, die drei Tage und Nächte zumeist unter freiem Himmel an Feuern saßen, die unzählige Gebete gesprochen, die in Wasser und Wind gebadet, die sich mit Schlamm beschmiert und sich aus ganzer Seele der Natur hingegeben haben, strahlen etwas anderes aus als jene, die einer Elementemeditation im dritten Stock eines Stadthauses beiwohnten.

Aufruf

Söhne der Erde, die Welt ruft!
Männer, entdeckt Euer ureigenes Wesen und wendet Euch dem Wesentlichen zu.
Nehmt Euren Mut und beginnt Euch zu zeigen.
Hört auf den Krieg im Außen zu führen und schon gar nicht mit den Frauen.
Besiegt Eure Angst und kämpft gegen die eigene Resignation.
Männer, steigt ab von dem hohen Ross, bereits alles zu wissen und den Weg zu kennen.
Mann, geh Deinen Weg mit Herz und prüfe ihn stetig.
Bleibe wach, neugierig und bereit für Veränderung und Transformation.

 

Herzvoll

Jack