Bevor ich über unsere eigenen Rituale spreche, (Blogbeitrag: Rituale des Zeitgeist) ist es mir ein Bedürfnis, meine derzeitigen Gedanken über unsere Wurzeln und die Geschichte unserer Spiritualität kurz darzulegen.

Vergangenheit

Die Zeiten, in denen uns die eigenen Rituale genommen wurden und durch fremde Religionen ersetzt wurden, sind nun vorbei. Die letzten Schergen der Inquisition sterben aus, deren Einfluss schwindet immer mehr.

Es ist auch nicht mehr zeitgemäß, sich über all die Schandtaten zu beklagen und sich selbst zu bedauern, dass da eine ach so große Lücke in unserer Geschichte entstanden ist, in der man uns beraubt und manipuliert hat.

Auch der „Fluch des Patriarchats“, noch älter als unsere „Zeitrechnung“, bäumt sich ein letztes Mal auf, möchte noch einmal mit vollem Einsatz an der nun vergehenden Ordnung und dem sterbenden Machtsystem festhalten. Doch es ist vorbei, es klingt aus und der Raum für ein neues Lied der Erdenkinder öffnet sich.

Kurze Phase

Die Lücke der Erinnerung an unsere eigenen Wurzeln, unsere spirituelle Urkraft, ist in Anbetracht unserer menschlichen Geschichte tatsächlich ziemlich klein. Ein paar Hundert Jahre, in denen wir es effektiv schwer hatten, unsere heidnische, naturverbundene und sehr individuelle Art, mit Spirit in Verbindung zu treten, zu leben.

Wir können es noch

In unserenm Genen steckt noch alles, was es für eine freie, eigenverantwortliche und dem Leben zugewandte Spiritualität braucht. Wir können es noch und wir wissen es noch!

Freiheit

Wann immer ich davon spreche, dass, wenn wir unseren Eltern und Vorfahren vergeben, die Kraft und die Unterstützung von ihnen kommt, spreche ich auch von allen, die vor uns waren und auch denen, die uns unsagbares Leid angetan haben.

Vergebung oder Verzeihung ist der Schritt in die Autonomie. Man hat keine Schuldigen mehr, die für meine Situation verantwortlich sind, Mann und Frau ist kein Opfer mehr. Wir übernehmen die Verantwortung für das Jetzt!

Aus der Geschichte lernen

Und bitte, wer jetzt anfängt herumzunörgeln, dass wir aus der Geschichte lernen müssen und deswegen all der Schandtaten gedenken und sie für immer und ewig zementieren müssen:

Natürlich gilt es dem zu gedenken.
Natürlich wollen wir die selben Fehler nicht noch einmal begehen.
Natürlich ist es nicht nachzuvollziehen, wie ein Holocaust, oder wie auch immer vergangene und noch immer stattfindende planmäßige Völkervernichtungen genannt werden, geschehen kann.
Natürlich möchten wir, dass so etwas nie wieder geschieht.

Solange etwas aber als unverzeihlich gilt, solange wird es gefüttert und geschürt.

Ein Beipiel: In Würzburg fand ich im Rathaus eine Gedenkstätte, die den Luftangriffen der Alliierten am Ende des 2. Weltkrieges gilt. Im Ausdruck des vollkommenen Unverständnisses solcher Begebenheiten ist die Vergebung und Versöhnung unterm Strich die Botschaft, die dort verkündet wird. Beeindruckend und berührend.

Wer vergibt?

Vielleicht gibt es einen Gott, auf dessen Vergebung wir hoffen können. Wenn ja, vergib uns, denn wir haben viel Mist gebaut!

Wen es auf jeden Fall gibt, der vergeben kann, das bin ich, das bist Du, das sind wir Menschen, die im Jetzt leben, in der Gegenwart.

Schuld

Unter dem Aspekt Ursache und Wirkung gibt es natürlich die ursächliche Schuld an etwas: Es ist so, weil dies und jenes zuvor geschehen ist. Ob es so bleibt oder sich verändern kann, liegt in unserer Macht.

Solange ich die Vorkommnisse der Vergangenheit verantwortlich mache für meinen momentanen Zustand, kann sich nur wenig ändern. Der Beginn der Befreiung ist die Vergebung. Sie kann allerdings nicht vorgetäuscht werden.

Hierzu fand ich auch bei Wikipedia:
[…] „In den meisten Religionen spielt Vergebung eine wesentliche Rolle. Hierbei wird die Vergebungsbereitschaft unter den Menschen als Weg zur Konfliktbeendung angesehen.“ […]

Der Gesprächspsychotherapeut Reinhard Tausch hat die psychologische Dimension des Vergebens empirisch untersucht. Demnach handelt es sich um intensive innere Selbstgespräche, die eine mentale Bewältigung des verletzenden Ereignisses ermöglichen. Tausch weist darauf hin, dass bereits eine innere Vergebung ausreichend sein kann, vor allem wenn der andere nicht erreichbar ist oder eine Mitteilung unangemessen erscheint.

Ich verzeihe

Ich kann um Verzeihung bitten und ich kann mir verzeihen:

Ich verzeihe mir all die Dinge in meiner Vergangenheit, die ich so nicht noch einmal tun würde.
Und ich bitte all die um Verzeihung, die es betroffen hat.
Ich verzeihe all denen, die Dinge taten, die ich so nicht tun würde.
Und ich verzeihe mir, dass ich die Verantwortung abgegeben habe und „Schuldige“ benannt habe.

Meinen tiefen Dank an alle Menschen, die Fehler begangen haben.
Meinen tiefen Dank an all meine begangenen Fehler.

Das Lernen wird wohl nie ein Ende finden.

Für alle Verwandten
Regenbogenherz-Kolibri